VUCA-Welt trifft innere Selbststärke
Die VUCA-Welt – was ist eigentlich damit gemeint? Manchen ist dieser Begriff vielleicht schon bekannt, andere hören ihn zum ersten Mal. Tatsache ist, dass sie uns umgibt, ob wir ihr einen Namen geben oder nicht. Es ist die Zeit, in der wir leben, in der wir mit schnellen und unsicheren Entwicklungen konfrontiert sind.
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Alles um uns her ist in Bewegung, in Veränderung. „Panta rhei“– alles fließt. Wenn wir heute an der gleichen Stelle in einen Fluss eintauchen, in den wir gestern eingestiegen sind, dann berühren wir nicht mehr das gleiche Wasser. Es ist nicht mehr der gleiche Fluss. (nach Heraklit, griechischer Philosoph)
VUCA leicht erklärt
V steht für Volatility = Unbeständigeit
U steht für Uncertainty = Unsicherheit
C steht für Complexity = Komplexität
A steht für Ambiguity = Mehrdeutigkeit
Das bedeutet, dass wir stets erleben, dass Ungeplantes eintritt. Kleine und große Veränderungen immer öfter zum Alltag dazu gehören und dass von uns gleichzeitig eine gewisse Instabilität in der Gesellschaft wahrgenommen wird.
Erfahrungswerte verlieren mehr und mehr an Gültigkeit. Unvorhersehbarkeit und Unsicherheit breiten sich aus. Zusammenhänge werden weniger ersichtlich. Gleichzeitig entstehen viele Widersprüche, und eine große Welle an Informationen ist da, die jeder natürlich auf seine Weise interpretiert, deutet und bewertet.
Das betrifft die Berufswelt genauso wie das private Leben.
Mehr und mehr entwickeln sich erschwerte Rahmenbedingungen, unter denen wir leben und arbeiten und unter denen wir Entscheidungen treffen.
Der Wandel vollzieht sich immer schneller. Die Globalisierung schreitet voran. Das hat unvorhersehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft.
Megatrends – Lawinen in Zeitlupe
Die sogenannten „Treiber des Wandels“ prägen maßgeblich unsere Welt. Es sind die „großen Wellen“ unserer Zeit, die auf uns zukommen. Dazu gehören dynamische Kräfte wie zum Beispiel:
- Die Globalisierung mit dem internationalen Wettbewerb
- Der Digitale Wandel mit Online-Business, Social Media, Apps
- New Work orientiert an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden
- Gesundheitstrends wie Self-Care, Mindset, Bio-Boom, Vegane Ernährung
- Gender Shift mit sich wandelnden Rollenmustern, aufbrechenden Geschlechterstereotypen, Akzeptanz der Gleichberechtigung und Diversität wird Normalität (LGBTQIA+)
Neues und flexibles Arbeiten ist angesagt
Im Berufsleben funktioniert heute der neue, demokratische Führungsstil (Management 4.0) viel besser, der auf Empathie, Verständnis vertrauensvolle Zusammenarbeit, Klarheit, Transparenz, Flexibilität, neue, moderne Technik und Visionsvermittlung beruht.
Neue Strukturen sind hier notwendig, wie das Agile Arbeiten und New Work, da der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin von heute mehr denn je großen Wert auf Entscheidungs- und Handlungsfreiheit, Selbstverwirklichung und selbständiges Arbeiten, gute Teamgemeinschaft, Sinn in der Tätigkeit und flexibles Arbeiten wie Home-Office legt.
Im Allgemeinen wird das Bedürfnis in unserer Gesellschaft nach Orientierung, Sicherheit und Geborgenheit durch die fortlaufenden Veränderungen immer stärker.
Wie können wir nun Geborgenheit in der Unsicherheit finden?
Das Erleben der VUCA-Welt kann deprimierend und beängstigend sein, jedoch haben wir absolut genug wunderbare Möglichkeiten, diesem Wandel zu begegnen und darin gut zu bestehen. Das ist die ermutigende Botschaft, die uns dazu führt, weise und starke Gestalter des Lebens zu sein.
Mögliche Optionen der stetigen Veränderung zu begegnen
Sie basieren auf einer gesunden Persönlichkeitsentwicklung, innerer Selbststärke und einer guten Portion Flexibilität.
Im Folgenden möchte ich ein paar Möglichkeiten aufzeigen, die sehr hilfreich sein können.
- Loslassen und festhalten
Wichtig ist, das Loslassen zu üben, ohne den Halt zu verlieren! Was dürfen wir loslassen? Es sind die alten, nicht mehr dienlichen Strategien, Erwartungen und Vorstellungen.
Was dürfen wir festhalten? Es sind die tragfähigen Werte, und es ist die Sinnfindung, in dem was wir tun und erleben. - Gesunde Haltungsänderung
Den inneren Widerstand aufgeben
Zuerst ist es wichtig, dass wir den inneren Widerstand gegen die Veränderung aufgeben und den Wandel in Akzeptanz bringen. Es ist eben, wie es ist. Wir machen es uns leichter, die Ungewissheit und neue Entwicklungen anzunehmen und nicht dagegen anzukämpfen.
Vielleicht können wir den Wandel sogar lieben lernen und die Bereicherung darin erkennen und nutzen.
Freundschaft mit dem Leben, sich selbst und dem Nächsten schließen
Wir machen es uns und anderen viel leichter, wenn wir durch unser Sein Folgendes ausdrücken:
„Ich bin für das Leben, ich bin für die anderen, und ich bin für mich! Ich befinde mich im Freundesland.“
Ein Zitat Goethe: „Solange du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du ein trüber Gast auf dieser Erde.“
Das heißt: Ich akzeptiere, dass es im Leben hoch und bergab geht, am Tag, in der Woche oder in einem Jahr oder im ganzen Leben. Ich verstehe, dass das so ist. Ich freue mich an den Hochs und bleibe bei mir und akzeptiere die Tiefs. Ich freunde mich dem sich wandelnden Leben an. Mein Ziel ist die „gehobene Gestimmtheit“, die „Infriedenheit“ und verlasse das Feld von Krawall und Kampf ebenso wie die Ablehnung und die Abwertung.
In Zeiten des Wandels und der raschen Veränderungen ist es unumgänglich, gut für sich selbst zu sorgen und die eigene persönliche „Tankstelle“ zu entdecken und regelmäßig zu nutzen, um genug Kraft für das herausfordernde Leben zu haben.
Gestalte dein Leben selbst in Eigenverantwortung, Pflege gute Beziehungen und nutze stets die Gelegenheit durch Persönlichkeitsentwicklung innere Selbststärke zu entfalten.
Tue dir Gutes. Sei dein bester Freund, deine beste Freundin. Gehe wohlwollend mit dir selbst um und wisse: „Du bist ein strahlender Stern, auch wenn du dich manchmal ungünstig verhältst.“ Sei für dich und lebe deine persönlichen Werte mit großer Leidenschaft.
Denke stets daran, dass dein Gegenüber auch „ein strahlender Stern ist, der sich manchmal ungünstig verhält.“ Wisse: „Er/sie ist ok, genauso wie du ok bist!“ Werde „Sammler von Wahrheiten“ der anderen. Sei offen für Ansichten und Meinungen deiner Mitmenschen. Sehe sie nicht als Bedrohung, sondern interessiere dich für ihre Ansichten und Überzeugungen. Mir hat dieser Satz dabei geholfen: „Jeder hat Recht in seinem Angst- und Denksystem“ - Change üben
Wir können tatsächlich den Umgang mit dem großen Wandel durch einfache selbst gewählte Neuerungen einüben. Wie geht das? Hier ein paar Anregungen: Fahre immer mal wieder einen anderen Weg zur Arbeit, oder mache Urlaub an einem dir unbekannten Ort. Probiere ein neues Restaurant aus. Gehe die Treppe rückwärts hoch, statt wie gewohnt vorwärts. Übe ganz, spielerisch, kreativ und bewusst im Alltag die Veränderung ein. - Die Frage nach dem wirklichen Sinn des Lebens
Dies ist nun mein ganz persönliches Lieblingsthema. Um in dieser herausfordernden Zeit wirklich bestehen zu können und Klarheit zu haben und ein tieferes Verständnis zu erlangen über die Tatsachen und Entwicklungen, ist es meiner Meinung nach unumgänglich, klare, stimmige und wahrhaftige Antworten zu folgenden Fragen zu suchen und zu finden:
Wo komme ich eigentlich her? Wo gehe ich denn einmal hin? Wozu bin ich auf diese Erde gekommen?
Es sind für mich nicht nur philosophische Fragen, sondern auch spirituelle. Nach meiner Überzeugung kann der Mensch wirkliche, tiefe Geborgenheit und tiefes Urvertrauen dann wieder empfinden, wenn er mit Gott, der Quelle allen Lebens und der Liebe verbunden ist.
Das Wachsen in der Liebe zu sich selbst, zum Nächsten zum Leben und zu Gott ist es, was wir hier auf Erden lernen dürfen. Es geht um das Erlangen einer stabilen Persönlichkeit und Reife in Selbststärke, um die Entfaltung eines neues Bewusstseins und den daraus sich entwickelnden liebevollen Beitrag, den wir dann in die Gesellschaft einfließen lassen dürfen.
Mit diesem Erkennen und diesem inneren Ziel ist es uns absolut möglich, dem aktuellen Wandel und den Herausforderungen dieser Zeit gut mit großer Klarheit zu begegnen.
Anmerkungen:
In diesen Text sind auch Gedanken und Impulse von Jens Corssen eingeflossen. Der bekannte Autor ist Spezialist für mentale Führung.
Dieser Artikel ist erschienen im „Lichtblick“, das Magazin für praktizierende Individualpsychologie, im Heft 128 mit dem Titel „In Zeiten des Wandels“ im Juni 2024.
(www.vpip.de/)